Auf Umwegen kam am gestrigen Freitag ein Schreiben der Vorsitzenden der Grünen-Fraktion in Schwerin, Regina Dorfmann, in Umlauf. In diesem fordert die Kommunalpolitikerin ein schnelles Umdenken in Bezug auf den coronabedingten Ortswahl für Sitzungen der Stadtvertretung Schwerin. Dass es sich dabei nicht um eine Idee oder einen Vorschlag, sondern eine durchaus eindeutige Forderung handelt, ist unübersehbar. Schon vor der Sommerpause hatte Dorfmann im Hauptausschuss die Thematik angesprochen. Danach tat sich aber offenbar wenig,
Stadtvertretung tagte zuletzt zweimal ohne Livestream und letztlich nur bedingt corona-konform
Aufgrund der mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie verbundenen Maßnahmen kann die Stadtvertretung der Landeshauptstadt derzeit nicht an ihrem üblichen Sitzungsort im Historischen Rathaus am Marktplatz zusammenkommen. Dort sind faktisch keine der geltenden Regelungen einzuhalten. Daraufhin traf man die Entscheidung, vorübergehend auf die Aula des Goethe-Gymnasiums auszuweichen. Soweit ist alles nachvollziehbar. Dort aber ergab sich schnell ein weiteres Problem: Ein Livestream der Sitzung, der es der Öffentlichkeit ermöglichen soll, dem Sitzungsverlauf zu folgen, ist dort technisch nicht realisierbar. Stadtpräsident Sebastian Ehlers habe, so heißt es im Schreiben, seinerzeit den Fraktionen mitgeteilt, dass „die Übertragung der Sitzung im Livestream an diesem Standort aus Kostengründen nicht vorgesehen“ sei.
Grünen-Fraktion stellt sich gegen weitere Sitzungen in der Goethe-Aula
Eben den Livestream aber hatte die Stadtvertretung, darauf verweist Regina Dorfmann im Namen ihrer Fraktion ausdrücklich, per Mehrheitsbeschluss in die Hauptsatzung geschrieben. Eine Muss- und keine Kann-Regel. Dieser Beschluss könne „auch durch eine Abwägung innerhalb des Präsidiums nicht ausgesetzt werden. Die Teilhabe an den demokratischen Prozessen der Stadtvertretung wird erschwert, wenn einerseits Menschenansammlungen vermieden werden sollen , eine digitale Partizipation jedoch nicht ermöglicht wird.“ Auch auf Nachfrage unserer Fraktion bestätigte Regina Dorfmann, dass ihre Fraktion diese Situation nicht mehr widerspruchslos hinnehmen will. „Betrachtet man nur die Sitzung an sich, sind die Abstände sicherlich soweit okay. Aber alles Drum herum, Pausen, Catering und das viele Hin- und Herlaufen von Stadtvertretern, Verwaltung und gewünschten Gästen ist an diesem Standort nicht mit den geltenden Schutzvorschriften vereinbar.“
Meslien will Problematik im Präsidium kurzfristig thematisieren
Damit zeichnet sich eine Diskussion zwischen Stadtpräsident nebst Präsidium und zumindest der Grünen-Fraktion ab. Durchaus möglich, dass diese schon in Kürze auch weitere Kreise zieht. Aus anderen Fraktionen lagen bislang noch keine Stellungnahmen vor. Da das Schreiben aber über den Umweg einer anderen Partei letztlich an die Öffentlichkeit gelangte, ist davon auszugehen, dass die doch deutliche Kritik der Grünen durchaus auch über die Fraktionsgrenzen hinweg Befürworter findet. Da sich Stadtpräsident Sebastian Ehlers derzeit im Sommerurlaub befindet, liegt die Problematik nun auf dem Tisch seines Stellvertreters Daniel Meslien. Dieser bestätigte uns auf Nachfrage, das Schreiben zu kennen und die Problematik auf der nächsten Präsidiumssitzung in der kommenden Woche zu thematisieren. Im Vorfeld wolle er eine Idee für einen Ausweichstandort durch das Büro der Stadtvertretung prüfen lassen. Auch plant er dazu kurzfristig mit Regina Dorfmann zu telefonieren. Es kommt also scheinbar Bewegung in die Angelegenheit.
Situation ist Problem für einzelne Stadtvertreter
Dass die Kritik an der Räumlichkeit letztendlich eben nicht eine rein theoretische ist, stellt Regina Dorfmann ebenfalls klar. Denn auch innerhalb der Stadtvertretung gibt es Mitglieder, die der besonders gefährdeten Risikogruppe angehören. Denen sollte sich die Gemeinschaft aller Stadtvertreter „auch als Allgemeinheit verpflichtet fühlen“. „In den letzten beiden Sitzungen konnten sie ihre demokratischen Rechte und Pflichten als Mitglieder des obersten Willensbildungs- und Beschlussorgans der Landeshauptstadt nicht wahrnehmen, da augenscheinlich die Einhaltung der Abstandsregeln und Hygienevorschriften nicht gewährleistet werden konnte“, so Dorfmann weiter. Kurz: Es gab Stadtvertreter, die aus Sorge um ihre Gesundheit mindestens an einer der Sitzungen nicht teilnahmen.
Plenarsaal im Schloss war im Gespräch
Wie wir aus sonst gut unterrichteten Quellen erfuhren, soll es durchaus zwischenzeitlich Überlegungen gegeben haben, aufgrund der durchaus allen beteiligten bekannten Probleme mit der Aula den Ort nochmals zu wechseln. Dabei kam es wohl auch zu einem Gespräch mit der Landtagsverwaltung über ein zeitweises Ausweichen auf den Plenarsaal im Schloss. Es heißt, dass von dort positive Signale kamen. Leider aber reagierte die Pressestelle der Landtagsverwaltung gestern nicht mehr auf eine entsprechende Nachfrage. Aber auch im Stadthaus soll die Idee nicht nur positiv betrachtet worden sein. Damit bleibt nun abzuwarten, ob die Sitzung des Präsidiums in der kommenden Woche vielleicht schon für die Stadtvertretung am 24. August 2020 eine neue Räumlichkeit festlegt.
August 08, 2020 at 09:00AM
https://ift.tt/3ae5y3O
Schwerin: Droht Streit um Ort der Stadtvertretersitzung? - Schwerin-Lokal
https://ift.tt/2ZrPSVF
Ort
No comments:
Post a Comment