Plaue Leben, wo andere Urlaub machen. Mit einem besseren Wahlspruch der Touristik könnte man das Örtchen an Havel und Plauer See wohl nicht beschreiben.
Der etwa 2.600 Einwohner zählende Ortsteil der Stadt Brandenburg an der Havel wurde 1411 erstmals namentlich als "Städtchen Plaue" erwähnt. Über Jahrhunderte lebte die Siedlung am Plauer See von Fischfang und Schifferei sowie kleinen Fabriken und gedieh zu einem strategisch wichtigen Fährort. Dieser verfügte früh über eine, die Handelswege bewachende Burg, an deren Stelle das heutige Schloss mit angrenzendem Schlosspark an der Alten Plauer Brücke zu finden ist. Letztere beiden Bauwerke sind heute die besonderen Wahrzeichen von Plaue und zu allen Jahreszeiten beliebte Touristenattraktionen.
Das bestätigt auch Udo Geiseler, Ortsvorsteher und seines Zeichens Lehrer und Historiker. Seit 44 Jahren mit kurzer Unterbrechung ist der gebürtige Plauer hier wohnhaft. Wenn Udo Geiseler auf das Thema Plauer Brücke zu sprechen kommt, schwingen Stolz und Heimatliebe in seiner Stimme mit: "Dass manche Touristen die Brücke als rostiges Ding bezeichnen, kann ich zwar nicht von der Hand weisen, doch stellt dieses Denkmal für Plaue ein Stück Identität dar. Und ohne diesen ältesten Teil Plaues würde es unseren Ort nicht geben."
Der 1904 eingeweihte Havelübergang, der Plaue mit dem Ortsteil Margarethenhof verbindet, wurde bis 2002 für den gesamten Verkehrsbetrieb der Bundesstraße 1 genutzt. "Für viele Urlauber ist es unvorstellbar", so Geiseler, "dass früher der gesamte Verkehr über diese Brücke lief. Straßenbahnen und sogar russische Panzer passierten diese Havelenge. Dann fielen auch mal ein paar Brückensteine ins Wasser."
Dieser Havelübergang fand historisch erstmalig 1244 Erwähnung. Im Wandel der Zeit erlebte die Brücke aufgrund ihrer strategischen Lage viele Abrisse, Wiederaufbauten und mehrere Sprengungen während der Kriegszeiten. Die letzte Brückensprengung fand am Ende des Zweiten Weltkrieges statt. Bis 1903 bestand die Havelüberführung aus Holz, in den darauffolgenden zwei Jahren wurde die heutige Stahlfachwerkbrücke erbaut – ein im Jugendstil geschaffenes, 130 Meter langes Schmuckstück. Seit September 2002 wurde der Straßenbahnverkehr über die Brücke eingestellt und der Autoverkehr der B1 über eine neue parallele Brücke umgeleitet. Die inzwischen von Rostfraß befallene Brücke kann zwar noch von Fußgängern und Radfahrern genutzt werden. Die holzbebohlten Fußwege sowie das Brückengeländer sind jedoch aufgrund ihrer Baufälligkeit bis auf die Eisenträger demontiert und mittlerweile durch einen Bauzaun gesperrt. Alle Hoffnungen liegen auf dem für Herbst vorgesehenen Sanierungsvorhaben: "Ich freue mich sehr, dass sich diverse Vereine aus Plaue, Kirchmöser und Brandenburg nach langem gemeinschaftlichen Kampf für eine Sanierung und Restaurierung und gegen den Abriss der Plauer Brücke stark machen konnten", stellt Geiseler fest. Dafür steht dem Bauvorhaben vom Land Brandenburg ein Etat von 2,6 Millionen Euro zur Verfügung. Zunächst wird dafür das Stahlfachwerk an der Brücke saniert. Im weiteren Verlauf soll dann das Brückengeländer erneuert werden. Die Vereine und Bürger der "Stadt" Plaue und Umgebung kämpfen dafür, dann auch wieder den Übergang für den Havelradweg zu bekommen. Dieser pausiert derzeit aufgrund der Bauarbeiten vor der Brücke.
Am Fuß der Plauer Brücke liegt als zentraler Touristenpunkt und Anlegestelle das Bornufer mit wunderschönem Blick auf Havel, Plauer See und Yachthafen auf der gegenüberliegenden Uferseite. Über die Sommersaison kann an diesem Ort ein besonders beliebter Gaumenschmaus genossen werden: von Donnerstag bis Sonntag können sich Fischliebhaber an Stefan Betges Angeboten am hiesigen Fischstand erfreuen. Auch das jährliche Fischerjacobi, das bereits seit 1997 gefeiert wird, ist am Bornufer ein großer Touristenmagnet. Es ist ein Fest, das den Fischern und ihrem Schutzheiligen (Jakobus der Ältere) gewidmet ist. Leider findet dieses besucherstarke Traditionsfest dieses Jahr aufgrund der Coronakrise nicht statt.
Neben vielen Rad- und Bootstouristen finden auch immer mehr freischaffende Künstler aus der ganzen Republik ihren Weg in die Fischerstadt. Eine Gemeinschaft aus 4 Künstlern wirkt seit einigen Jahren synergistisch in Plaue. Diesen Synergieeffekt können Besucher im Ort seit dem Fontanejahr 2019 besonders bestaunen. So haben Jessica Dörhöfer, Jeannette Goldmann, Dirk Harms, und Tobias Öchsle persönliche Begegnungen mit dem Werk Fontanes durch Stahlplastiken im Schlosspark und am Bornufer geschaffen. Die Kunstobjekte wurden unter anderem von der Stadt Brandenburg und dem Förderverein Schlosspark Plaue e.V. finanziell unterstützt. Die Künstler prägen mit ihren Ideen nicht nur die touristischen Zentren sondern auch das allgemeine Ortsbild. So hat sich Jessica Dörhöfer beispielsweise zusammen mit ihrem Vater in der Ortsmitte Plaues das verwaiste Rathausgebäude gekauft und zum Arbeiten und Wohnen umgebaut. Durch einen kleinen Buchstabendreher wurde kreativ aus dem Rathaus ein "Arthaus" und gab dem Gebäude damit einen neuen Sinn. Dörhöfer ist Malerin, Schmuckdesignerin und Kunstdozentin an der Wredow‘schen Zeichenschule in Brandenburg. Sie nutzt ihre Räumlichkeiten für Seminare, Ateliers und als Außenstelle für die Zeichenschule.
Plaue garantiert also nicht nur für Erholungssuchende ein spannendes Reiseziel.
July 19, 2020 at 01:00AM
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Vor Ort: Plaue – schönes Fischerstädtchen an der Havel - Märkische Onlinezeitung
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